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 RESOLUTION IN/OUT, RESOLUTION IN=OUT, RESOLUTION OUT/IN 2014

Kirsten Kleies Arbeit RESOLUTION verweist auf die historische Genese des Zusammenhangs von Blick, Geschlechterkonstruktion und Fotografie.
Ihre Fotografien kreisen um die kulturelle Codierung des Geschlechts durch den Blick. Dass jede Fotografie auch Zeugnis eines sexuellen Sehens und ein Dokument der Geschichte des männlichen Blickes ist, wird dekonstruiert. Der männliche Blick bestimmt seit der Renaissance das Bild und die Rolle der Frau, während der Mann als Blickgeber sich im Blickschatten konstruiert – gewissermaßen an der Rückseite des Bildes. Die Konstruktion der Geschlechter über den Blick lagert sich an die biologische Identität an und überschreibt diese.

Die Arbeit besteht aus zwei Werkgruppen, die auf unterschiedliche Weise die Beziehung zwischen Identitätskonstruktion und Fotografie zeigen. In „resolution out/in“ (2010) zeigt sie in Fotoateliers entstandene Cartes de Visite von Heranwachsenden vom Ende des 19. Jahrhunderts. Diese wurden von der Künstlerin in ihrem Keller beschossen. Auf die implizite, gesellschaftlich eingeschriebene Gewalt auf den Fotografien antwortet die Künstlerin mit expliziter Gewalt durch das Gewehr. Die Ergebnisse dieser doppelten Gewalt werden auf Wandhaltern gezeigt. Hierbei wird die Rückseite der Fotos zur Schauseite. Das Foto selbst ist nur über einen Spiegel zu betrachten. Ein raffinierte Anordnung, in der fremde und eigene Gewalt über den Spiegel verrechnet werden und die Rückseite der Gesellschaft zur Schauseite der Künstlerin wird. Das Einschussloch changiert zwischen dem blinden Fleck im Auge und der Lochlinse einer Camera obscura.

In ihrer zweiten Arbeit „resolution in/out“ (2014) zeigt Kleie drei großformatige Fotografien, Vergrößerungen einer Camera-obscura-Belichtung. Antwortend auf die phallische Codierung der Kamera blickt eine Camera obscura aus ihrem Schoß zurück. Aus dieser leiblichen Öffnung fotografierte sie, auf dem Boden sitzend, Kunstikonen des männlichen Blicks: „L’Origine du monde“ von Gustave Courbet, „Étant donnés“ von Marcel Duchamp und „Aktionshose: Genitalpanik“ von Valie Export. Kleie antwortet mit ihrem Geschlecht auf den präformierenden Blick des Mannes. Sie verleibt sich die phallisch codierte Kamera buchstäblich ein und schießt zurück.

Das Stereoskopobjekt „in=out“ (2014) bildet gewissermaßen das Scharnier zwischen den beiden Werkgruppen. Die Stereoüberblendung von Subjekt und Objekt, Mann und Frau des Dürerstichs erklärt auf bildliche Weise sowohl Problem als auch historisches Ergebnis. Der Künstler Albrecht Dürer steht am Beginn einer Entwicklung, in der die Natur vollständig vermessen und domestiziert wird. Ein Zusammenhang zwischen optischem Apparat, Techniken des Sehens, Machtausübung und Geschlechterkonstruktion stellt sich her, aus dem eine Feminisierung des Bildes und eine Sexualisierung des Blickes folgen.

Michael Hofstetter 2014